Frühe Eisenbahnen in Britannien
Die erste öffentliche Eisenbahn und ihre Vorläufer
von Derek A Bayliss
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Schienen. Geschmiedetes Eisen, das nicht spröde ist, war mit der Erfindung des Puddelprozesses durch Cort (1784) billiger geworden. Versuche mit schmiedeeisernen Schienen gab es 1805 in Walbottle und 1808 in Tindale Fell, beide in Nordengland gelegen, aber diese Schienen waren wenig verbreitet, bis John Birkenshaw 1820 ein Verfahren zum Walzen von I-Profilen erfand. Ebenfalls im Jahre 1820 wurde eine einzigartige Bahn gebaut, um Granit von Steinbrüchen in Hay Tor im Dartmoor im Südwesten Englands zum nächsten Kanal zu schaffen. Diese Bahn hatte Schienen aus geformtem Granit. Diese waren so massiv, daß, obwohl die Bahn in den l8SOern geschlossen wurde, lange Stücke von ihr immer noch vorhanden und als historisches Denkmal geschützt sind.

    Hölzerne Schienen mit senkrechtem Flansch und horizontaler Lauffläche, d.h. mit L-förmigem Querschnitt, waren im 18. Jahrhundert in einigen deutschen Bergwerken in Gebrauch, auf denen Loren mit spurkranzlosen Rädern liefen. Sie waren als ,,deutsche Schienen" bekannt, im Gegensatz zu den ,,englischen Schienen", auf denen Loren mit Spurkranzrädern liefen. Ähnliche Spurkranzschienen wurden in einigen englischen Bergwerken untertage verwendet und auch vom Ingenieur John Smeaton zum Bau des Eddystone Leuchtturmes bei Plymouth benutzt. 1787 stellte der Bergwerksingenieur John Curr eine gußeiserne Version für den Gebrauch in den Sheffielder Bergwerken her. Im darauffolgenden Jahr wurden sie südlich von Sheffield in Wingerworth Furnace bei Chesterfield verwendet. In den l79Oern nahmen die Butterley Eisenwerke in derselben Gegend und später auch andere Eisenwerke die Herstellung dieser Schienenform auf.

   Dies war eine große Zeit des Wachstums im Kanalsystem, und viele neue Eisenbahnen wurden als Zubringer zu den Kanälen gebaut. Zwei Partner der Butterley Eisenwerke, Benjamin Qutram und William Jessop, zählten zu den führenden Kanalbauern jener Tage. Outram empfahl immer, Jessop häufig den

linie.gif (841 Byte) Gebrauch der L-Schiene für die Eisenbahnen, mit denen sie zu tun hatten. Und während der nächsten zwanzig oder dreißig Jahre galt, daß die auf steinernen Blöcken ruhenden L-Schienen die beste Form eines Eisenbahngleises darstellte. Heute sind dessen Vorteile kaum noch ersichtlich. Sie sind eher in der Aufmerksamkeit zu sehen, mit denen die neuen Eisenbahnen unter der Aufsicht erfahrener Ingenieure gebaut wurden, als in der Form des Gleises selber. Die gußeisernen Schienen neigten eher zum Brechen als solche mit quadratischem oder T-förmigen Querschnitt, und ihre Laufflächen erstickten unter Schmutz und Steinen. Man argumentierte, daß die Wagen der neuen Bahnen mit ihren spurkranzlosen Rädern auch öffentliche Straßen benutzen könnten, aber das geschah in der Praxis selten, weil die Räder eine schmale Lauffläche hatten und an den Straßenbelägen zu viel Schaden anrichteten.

Einer der Schienenwege von Benjamin Outram: Die Little Eaton Gangway bei Derby im Jahre 1908, dem letzten Betriebsjahr dieser Bahn.
Fig. 3
Einer der Schienenwege von Benjamin Outram:
Die Little Eaton Gangway bei Derby im Jahre 1908, dem letzten Betriebsjahr dieser Bahn.
(Foto: Derbyshire Record Office).

   Es wurden nicht nur die meisten neuen Bahnen mit L-Winkelschienen gebaut, sondern viele bestehende Bahnen nachträglich mit ihnen ausgerüstet. 1797 wurden beispielsweise alle Bahnen in Südwales auf Vorschlag von Outram umgebaut. Nur die Bergbaugebiete im Nordosten Englands und in Cumberland blieben von ein oder zwei Ausnahmen abgesehen zusammen mit einer kleinen Zahl anderer